Ein Bühnenwerk aufzeichnen: weniger einfach als es scheint

Im Smartphone-Zeitalter ist es kinderleicht, Aufzeichnungen zu machen. Und so überrascht es manche Theaterkompanie, wenn sie erfährt, dass sie parallel zur Aufführungsbewilligung noch die Erlaubnis der Urheberin oder des Urhebers braucht, um die Produktion zu filmen – und dass dazu ein Aufzeichnungsvertrag abgeschlossen werden muss.

Der Aufführungsvertrag der SSA erteilt der Theaterkompanie das Recht zur Bühnenaufführung des Werks. In diesem Vertrag hält eine Klausel klar fest, dass damit noch kein Recht erworben wird, das Werk auf einen Ton- oder Tonbildträger aufzuzeichnen.

Die Urheberin oder der Urheber hat das Recht zu entscheiden, wie ihr/sein Werk genutzt werden soll. Das Werk für die Dauer einer Tournee aufgeführt zu wissen ist das Eine; es am Radio oder im Fernsehen ausgestrahlt, auf DVD /CD reproduziert und verkauft oder im Internet zur Verfügung gestellt zu sehen, etwas Anderes. Solche Nutzungen können nämlich unter Umständen in Konkurrenz zu weiteren Bühnenproduktionen treten und die Auswertung des Aufführungsrechts durch die Urheberin oder den Urheber behindern.

Bei der Auswertung des aufgezeichneten Werks fallen der Urheberin oder dem Urheber eine ganze Reihe von Vermögensrechten zu; einige werden von der SSA wahrgenommen. Es sind dies die Senderechte, die Reproduktionsrechte, das Zurverfügungstellungsrecht sowie alle Rechte, welche zwingend von einer Verwertungsgesellschaft wahrgenommen werden. Der Mustervertrag der SSA für eine Aufzeichnung erteilt der Produktionsstruktur die Lizenz, stellt die Vergütung für die Urheberin oder den Urheber proportional zu jeder Werknutzung sicher, organisiert den monatlichen oder jährlichen Erhalt von Abrechnungen, usw.

Die Produktionsstruktur, welche die Aufzeichnung vornimmt, kann die Theaterkompanie selber sein; in dem Fall muss sie die Aufzeichnungsbewilligung einholen. Falls sie die Aufzeichnung und deren Auswertung einer anderen Produktionsstruktur überlässt, muss diese Firma den Aufzeichnungsvertrag mit der Urheberin oder dem Urheber und der SSA abschliessen. Aber auch in diesem Fall hat die Theaterkompanie der Urheberin oder dem Urheber gegenüber noch gewisse Pflichten: sie muss die andere Produktionsstruktur im Moment, wo sie das Werk filmen lässt, darauf hinweisen, dass sie die Aufzeichnungserlaubnis nicht hat und diese bei der SSA einholen muss.

Ein Bühnenwerk zu filmen kann eine Filmemacherin oder einen Filmemacher dazu inspirieren, über die simple Aufzeichnung hinauszugehen und die Inszenierung mit kreativen filmischen Mitteln neu auszugestalten. Dieses Vorgehen schafft einen künstlerischen Mehrwert, der, wenn nicht bereits vorher ein Austausch mit der Urheberin oder dem Urheber des Bühnenwerks stattfand, zumindest Gegenstand einer Bewilligung durch diese/n sein muss. Der Mustervertrag der SSA integriert diesen Aspekt der «Neugestaltung» mittels verschiedener Varianten, die ausgewählt werden können.